Da reicht es den Neu-„Juristen“. „So baut man doch kein Gericht auf für einen modernen Prozess, in dem es heißt: Im Zweifel gegen den Angeklagten“, bemängelt einer. Weshalb sich das Trio zur Aufteilung entscheidet: in Richter (Rothfelder), Staatsanwalt (Hellstern) und Verteidiger, was Jens Peter trifft. Ein undankbarer Job.
Immerhin: Nun läuft’s. Auch, weil kurz zuvor der richtige, da aktuelle Narrenpolizist Florian Schütze eingetroffen ist, der ebenfalls Premiere feiert. Zwar mit Verspätung, aber dafür mit Verstärkung. Er bringe ein paar Schöffen mit, sagt Schütze, und stellt eine Kiste Schöfferhofer Weizen hin.
Wichtiger noch ist jedoch, dass der Narrenpolizist endlich den richtigen Oberbürgermeister vorführt, nämlich Jürgen Roth. Doch schon bei der Aufnahme von dessen Personalien wird es hart fürs Narrengericht. Auf die Frage nach seinem Geburtsort antwortet Roth nämlich: „Villingen im Schwarzwald.“ Erst nach einiger Aufregung schafft er es, anzufügen: „Zu meiner Verteidigung: Ich hatte keinerlei Einfluss drauf, wo ich rauskomm’.“
Nachdem der erste Schock verdaut ist, muss der Rathaus-Chef vereidigt werden und soll auf das Buch des Hölzlekönigs schwören. Allein, dieser ist nicht auffindbar. Glücklicherweise entdeckt Richter Rothfelder ein anderes Werk: „Mafia-Land Deutschland“, geschrieben von Jürgen Roth. Und was steht da noch drin? „Dieses Buch gehört Ernst Reiser.“ Bei den Narren und Zuhörern kommt nicht nur dieser Gag bestens an. Zumal es nun endlich zur Verlesung der Anklagepunkte kommt.
Outfit für Ehrentribüne und weitere Amtszeit
Nummer eins: Der Schultes habe Exhibitionismus der schlimmsten Sorte betrieben, erklärt der Büttel. „Er lässt halt gern sein, äh ich meine das Villingerle raushängen.“ Nun meldet sich der Staatsanwalt zu Wort und will wissen, ob der OB tatsächlich beim Neujahrsschießen von Villingen „minus“ Schwenningen gesprochen habe. Antwort Roth: „Ich hab das so nie gesagt. Da bin ich wie immer völlig falsch verstanden worden.“ Da wirft Hellstern ihm gleich noch vor, sich daran ergötzt zu haben, dass die Kanonen der Villinger Grenadiere Richtung Schwenningen gerichtet gewesen seien. Und „in seinem Gesicht war das böse Funkeln zu sehen, wie es bei Villingern üblich ist.“
Anklagepunkt zwei ist nicht viel besser: „Desorientierung durch Auswahl gezielt schwachsinniger Wahlkampfthemen und dadurch entstehende Konfusion beim Wähler“ – wie bei Fridi Miller, nur durchdachter, meint der Narrenpolizist. Die Anklage belegt das mit Videoausschnitten aus dem Wahlkampf. Auch als dazu noch Sexismusvorwürfe kommen, ist Jürgen Roth bei einer Podiumsdiskussion vor der Wahl zu sehen. Zum Thema Verkehr erklärt er dort: „Wir machen zu wenig. Die Taktung muss verkürzt werden.“ Das sei aus dem Zusammenhang gerissen, bemängelt Verteidiger Jens Peter zwar, aber kann nicht wirklich überzeugen.
Bei Anklagepunkt drei kommt es schließlich knüppeldick: Unterlassene Hilfeleistung nach Paragraf sieben Narrenschankordnung. So habe Roth die Narren nicht von ihrem „sicheren Glück“ befreit. Die Rede ist von Bürgeramtsleiter Ralf Glück (Richter: „Der aus jedem Mückenschiss ein Sicherheitsrisiko macht“). Indes: Dass dieser der Villinger Bürgerwehr bei der OB-Wahl die Waffen „abgenommen“ hat, daran kann Anwalt Peter nichts Falsches finden.
Allerdings will der Amtsleiter augenscheinlich nun am Hölzlekönig sägen – der deshalb als Zeuge heranrollt. An den Rollstuhl gefesselt, damit er kein Fall von „unerlaubtem Aufstellen eines Festbaums“ wird. Zudem müssten zwei Schantle mit Feuerlöscher an seiner Seite sein – der Brandschutzauflagen wegen.
Ralf Glück kriegt sein Fett also ab, und die Vorwürfe treffen am Ende seinen neuen Chef Jürgen Roth. Der betont zwar: „Ich bin unschuldig“, zumal er nichts für die Dinge könne, die in der Vergangenheit passiert sind. Stattdessen bittet der Rathaus-Chef um „ein bisschen Unterstützung“.
Freilich vergebens. Nach Gesangseinlagen der Protagonisten folgt seine Verurteilung. Bei der Strohverbrennung der „Wueschte“ muss er „Villingen minus und Schwenningen plus“ schmettern. Dazu kommt ein Strählkurs bei Hanselvater Jörg Schlenker, um ihn in die hohe Kunst der Wahrheit einzuweisen.
Die dritte Strafe erhält Jürgen Roth noch vor Ort, nämlich das Kostüm, das er beim Umzug am Sonntag auf der Ehrentribüne tragen soll. Um dort für Sicherheit zu sorgen, erhält er unter anderem ein Notausgang-Schild und eine Warnweste, dazu kommen Sicherheitsbrille und Gehörschutz. Vor allem aber ein riesiger Hut in Form eines Not-aus-Knopfes. Ein Utensil, das Roth seine ganze Amtszeit lang begleiten soll – auch, wenn sich Ralf Glück mal wieder wichtigen Sicherheitsfragen widmet.