Oberbürgermeister von
Villingen-Schwenningen

100 Tage Oberbürgermeister: Roth zieht Bilanz

09.04.2019
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Quelle: www.schwarzwaelder-bote.de

Der Wahlkampf war hitzig, die Herausforderung groß. Doch er hat sie angenommen. Nun ist Jürgen Roth seit knapp 100 Tagen Oberbürgermeister der Baden-Württemberg-Stadt Villingen-Schwenningen.

„Ernüchternd, hochinteressant“ und verbunden mit „viel Spaß“, so umschreibt Jürgen Roth im Interview mit unserer Zeitung die ersten 100 Tage im Amt, die er an diesem Mittwoch erreicht haben wird. War er zuvor ebenfalls im Schwarzwald-Baar-Kreis Bürgermeister der Gemeinde Tuningen gewesen, die drei Kirchen, eine Grundschule, ein wenig Gewerbe und keine 3000 Seelen zählt, steht er seit Neujahr dem Oberzentrum vor. Plötzlich wurde für ihn alles nach oben skaliert: 45 Kirchen quer durch viele Glaubensrichtungen und alle neun Ortsteile, 49 Schulen – darunter 20 Grundschulen, schier unzählige Unternehmen und mehr als 85.000 Einwohner. Eine historische Altstadt und eine Studentenstadt, Baden und Württemberg und eine zumindest als herausfordernd zu bezeichnende kommunalpolitische Gemengelage gehören dazu. Trotzdem startete Roth selbstbewusst: „Ich kann Bürgermeister“, hatte er schon im Wahlkampf behauptet. 100 Tage später muss sich der heute 56-Jährige daran messen lassen.

Drei Themen sind ihm besonders wichtig: Straßen, Kindergärten und Wohnen. Daran hapert es in Villingen-Schwenningen. Und obendrein will er die Verwaltung sanft umbauen. Die Steuerung großer Planungsprojekte und die Betreuung bedeutender Investoren erklärte Roth zur Chefsache. Genau wie die Zentralisierung der bei elf Standorten total verzettelten Verwaltung. „Wer irgendwelche Fantasien hat, das geht so weiter, der ist völlig irre“, ist Roth überzeugt und will Struktur reinbringen.

Harte Kante gegen das Kirchturmdenken

So wie in den Gemeinderat. Der ist bekannt für seine Grabenkämpfe im Niemandsland zwischen Villingen und Schwenningen. Die eine Seite hat der anderen lange nicht die Butter auf dem Brot gegönnt. Roth fordert ein Ende der zwanghaften Gleichmacherei – Mut zur Einzigartigkeit beider großen Stadtbezirke. Und bei der Gremienarbeit zeigt er als OB eine klare Kante, unterbindet zu ausschweifende Wortmeldungen, filtert das Kirchturmdenken und Emotionen heraus. Die zuletzt überhand nehmenden Anträge einiger Fraktionen auf Abhandlungen zu den verschiedensten Themen sind ihm ein Dorn im Auge. Doch er verbietet sie nicht – vielleicht auch, weil er das wegen des Rechts auf solche Anträge nicht kann. Stattdessen geht er das Dilemma strategisch an: Er rechnet den Stadträten in Arbeitsstunden und Euro vor, wie teuer die Beantwortung des zu erörternden Themas ist. „Ich informiere die Stadträte nur über ihre Anfragen und was diese bewirken“, sagt er und lächelt.

Sein rechter Platz ist leer. Als Referent saß dort zu Zeiten von Roths Vorgänger Rupert Kubon dessen Referent Jörg Röber. Doch weil dieser im Wahlkampf der ärgste Konkurrent des neuen OBs gewesen ist, disqualifizierte er sich für den Verbleib auf dieser Position quasi selbst. Ein „Kandidaten-Bashing“ liege ihm fern, betonte der Christdemokrat Roth und zeigte Größe: Jörg Röber bekam zum 1. April eine eigene Stabstelle und ist jetzt Digitalisierungsbeauftragter der Stadt – ein Zukunftsthema, auch wenn niemand so recht weiß, wie lange der im Wahlkampf recht aussichtsreich angetretene Jörg Röber seine Zukunft noch im doppelstädtischen Oberzentrum sieht. Die Stelle des OB-Referenten ist ausgeschrieben.

Wegen der Anfechtung der OB-Wahl durch die streitbare Dauerkandidatin Fridi Miller ist er noch immer Amtsverweser. Als solcher bleibt ihm im Gemeinderat das Stimmrecht versagt. „Ich nehme das hin. Es ist wie es ist“, sagt er geduldig und hofft, der Richter des Verwaltungsgerichts Freiburg entscheidet bald: „Es sind ja noch acht Jahre, ich kann noch eine Weile abstimmen.“